Früher war Romana Candussi als Dolmetscherin in ganz Europa unterwegs, heute führt sie gemeinsam mit ihrem Mann eines der besten Weingüter Kärntens.
Früher war Romana Candussi als Dolmetscherin in ganz Europa unterwegs, heute führt sie gemeinsam mit ihrem Mann eines der besten Weingüter Kärntens.

© tanjaundjosef.at

Interview mit Romana Candussi:

„Man muss die Din­ge mit Lei­den­schaft und Herz­blut ange­hen.“ 

Seit 2008 schlagen Romana Candussi und ihr Mann Helmut ein neues Kapitel im Kärntner Weinbau auf. Das Weingut Vinum Virunum knüpft an die antike Tradition des Weinbaus in Kärnten an und hat sich mit zahlreichen preisgekrönten Jahrgängen mittlerweile über die Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht. 

Vor rund 16 Jah­ren haben Hel­mut Can­dus­si und sei­ne spä­te­re Frau Roma­na damit begon­nen, den Wein­bau in Kärn­ten wie­der­zu­be­le­ben. Über knapp 900 Jah­re war die Win­ze­rei aus Kärn­ten ver­schwun­den, die Böden und vor allem das Kli­ma sind heu­te aber per­fekt, um auch hier­zu­lan­de Wei­ne auf Top-Niveau zu kel­tern. Die gebür­ti­ge Tsche­chin Roma­na Can­dus­si hat für den Wein­bau ihren Beruf als Dol­met­sche­rin hin­ter sich gelas­sen und ist nun schon seit über zehn Jah­ren Wein­bäue­rin in Kärn­ten. Wir haben mit ihr über ihren Wein­gar­ten, das Quer­ein­stei­gen und die Ein­zig­ar­tig­keit des Drei­län­der­eckes zwi­schen Öster­reich, Slo­we­ni­en und Ita­li­en gespro­chen.  

Mei­ne Frei­zeit: Lie­be Frau Can­dus­si, dan­ke, dass Sie sich die Zeit neh­men. 
Seit 2008 gehö­ren Sie mit Vinum Virunum zu den „Wein­pio­nie­ren“ in Kärn­ten. Wie kamen Sie zum Wein­bau? 

Roma­na Can­dus­si: Ange­fan­gen hat alles bereits vor 2008. Damals woll­te mein spä­te­rer Mann gleich­zei­tig mit eini­gen ande­ren Pio­nie­ren den Wein­bau in Kärn­ten wie­der­be­le­ben. Da wur­de viel pro­biert, ob der Anbau funk­tio­nie­ren kann. Die gute Nach­richt war, ja, es wächst. Die schlech­te war: es macht sehr viel Arbeit. In die­ser Zeit habe ich mei­nen Mann ken­nen­ge­lernt, beim Bepflan­zen des Wein­gar­tens war ich schon dabei. Aller­dings war ich damals noch haupt­be­ruf­lich als Über­set­ze­rin und Dol­met­sche­rin tätig. Als ich dann immer mehr Zeit in Kärn­ten ver­brach­te, woll­te ich mich beruf­lich wei­ter- oder ument­wi­ckeln. Als Dol­met­sche­rin war ich viel unter­wegs, meist in grö­ße­ren euro­päi­schen Städ­ten. Das war von Kärn­ten aus eher müh­sam. Also beschloss ich, mich voll und ganz dem Wein­bau zu wid­men.  

MFZ: Wie gelang der Über­gang vom Dol­met­schen zum Wein­bau? 

RC: Ich bin eine typi­sche Quer­ein­stei­ge­rin. Was ich aller­dings als Dol­met­sche­rin gelernt habe, war, sehr schnell Zusam­men­hän­ge zu ver­ste­hen und so zu tun, als wür­de ich mich aus­ken­nen (lacht). Das hat mir sehr gehol­fen, mich in den neu­en Beruf ein­zu­ar­bei­ten. Die Neu­gier, die Offen­heit für Neu­es, das war sehr wich­tig. Ich weiß, dass ich nicht per­fekt bin, in dem was ich mache. Das muss ich aber auch nicht. Man muss es nur mit genug Lei­den­schaft und Herz­blut ange­hen, dann funk­tio­nie­ren die Din­ge. Auch Feh­ler zu machen ist wich­tig. Dar­aus lernt man enorm viel. 

MFZ: Ein kur­zer Gang durch den Wein­gar­ten: was gedeiht bei Ihnen? 

RC: Wir haben in unse­rem Wein­gar­ten immer noch die Pro­be­stö­cke vom Welsch­ries­ling. Damals hat sich schon gezeigt, dass wir aus­ge­zeich­ne­te Lehm- und Schlurf­bö­den für Char­don­nay und Sau­vi­gnon Blanc im Weiß­wein­be­reich haben. Im mitt­le­ren Bereich des Wein­gar­tens haben wir Zwei­gelt, Blau­frän­ki­schen und ein paar Zei­len Mer­lot zum Cuvé­e­tie­ren auf eher schot­te­ri­gem Boden. Unse­re Wei­ne wach­sen auf rund 550 Höhen­me­ter und bekom­men sehr viel Feuch­tig­keit, aber auch sehr viel Son­ne. Das macht unse­re Trau­ben und spä­ter dann die Wei­ne ganz spe­zi­ell.  

MFZ: Ihre Pro­duk­te gehö­ren seit Jah­ren zu den Spit­zen­wei­nen in Kärn­ten. Wie schaf­fen Sie es, so bestän­dig auf höchs­tem Niveau zu arbei­ten?  

RC: Ich glau­be wir haben zum einen ein Rie­sen­glück mit der Lage. Bis­her sind wir von schwe­ren Unwet­tern ver­schont geblie­ben. Das ist die Grund­vor­aus­set­zung, um über­haupt die Trau­ben aus dem Wein­berg in einer gewis­sen Qua­li­tät in den Kel­ler zu bekom­men. Zum ande­ren arbei­ten wir im Wein­gar­ten so natur­nah wie mög­lich, so dass wir im Kel­ler gar nicht mehr viel kor­ri­gie­ren müs­sen. Natür­lich ist es immer ein Suchen und Fin­den der eige­nen Sti­lis­tik. Erst nach sechs, sie­ben Jah­ren wuss­ten wir, was unser Wein­gar­ten kann. Die­se natür­li­chen Grund­vor­aus­set­zun­gen respek­tie­ren wir und begeg­nen der Natur mit sehr gro­ßer Demut.

MFZ: Sie arbei­ten rein bio­lo­gisch? 

RC: Ja, mit der Ern­te 2023 sind wir kom­plett auf bio­lo­gi­sche Land­wirt­schaft umge­stie­gen. Aber wir haben schon in den drei Jah­ren zuvor suk­zes­si­ve die Prä­pa­ra­te umge­stellt, dass die Pflan­zen Zeit haben, sich dar­an zu gewöh­nen und mit weni­ger künst­li­chem Schutz aus­kom­men kön­nen. 

MFZ: Wo Sind Ihre Wei­ne erhält­lich? 

RC: Natür­lich ab Hof und in unse­rem Online­shop in dem wir unse­re Wei­ne öster­reich­weit ver­sen­den. Lokal gibt es unse­re Wei­ne bei eini­gen aus­ge­wähl­ten Händ­lern, zum Bei­spiel bei Blu­men & Genuss Hass­hold in Alt­ho­fen, in der Kärnt­ne­rei in Kla­gen­furt oder in der Laven­del­maus in St. Veit. Über Han­dels­part­ner belie­fern wir natür­lich auch die Gas­tro­no­mie. Ganz spe­zi­ell sind aber unse­re Wein­spa­zier­gän­ge bei uns im Wein­gar­ten. Da gibt es erst einen Ape­ri­tif mit unse­ren Schaum­wei­nen Romeo und Julia und dann geht es nach Lust und Lau­ne durch unser Sor­ti­ment. Bei die­sen Ver­kos­tun­gen vor Ort kön­nen unse­re Gäs­te die natür­li­chen Gege­ben­hei­ten der Land­schaft bes­ser ver­ste­hen und bau­en einen Bezug zu den Pro­duk­ten und zu unse­rer Arbeits­wei­se auf. 

MFZ: Was schät­zen Sie an Kärn­ten – in Bezug auf Ihre Arbeit, aber auch per­sön­lich? 

RC: In ers­ter Linie die Tat­sa­che, dass im Drei­län­der­eck zwi­schen Slo­we­ni­en, Ita­li­en und Öster­reich die drei gro­ßen euro­päi­schen Kul­tur­räu­me zusam­men­tref­fen. Als Sprach- und Kul­tur­wis­sen­schaf­te­rin ist das Schnitt­feld in dem sich die sla­wi­sche, ger­ma­ni­sche und roma­ni­sche Kul­tur ver­mi­schen natür­lich beson­ders fas­zi­nie­rend. Das gibt es sonst nir­gends auf der Welt. 

MFZ: Wenn sie gera­de nicht im Wein­gar­ten oder im Wein­kel­ler sind: Womit ver­brin­gen Sie Ihre Frei­zeit? 

RC: (Lacht) Mit den Scha­fen, die wir im Wein­berg haben. Nein, in mei­ner Frei­zeit gehe ich sehr ger­ne wan­dern und auch weit­wan­dern über meh­re­re Tage. Das ist ein Hob­by, das ganz beson­de­re Glücks­ge­füh­le in mir erzeugt.  

MFZ: Wenn Sie nach einer stres­si­gen Arbeits­wo­che gut essen gehen möch­ten, wo gehen Sie hin? 

RC: Ich koche mit mei­nem Mann ger­ne sel­ber zu Hau­se. Er ist haupt­be­ruf­lich in der Bau­bran­che tätig und geschäft­lich sehr oft auf Rei­sen. Des­halb ist das gemein­sa­me Kochen für uns eine schö­ne Mög­lich­keit, mit­ein­an­der Zeit zu ver­brin­gen. Wenn wir aber Gäs­te haben, dann gehen wir auch gern ein­mal aus­wärts essen. Zum Bei­spiel zum Schu­mi in Rei­pers­dorf, unse­rem Haus- und Hof- Restau­rant oder zum Mund­schenk am Läng­see, dort isst man wirk­lich her­vor­ra­gend. 

MFZ: Was wün­schen Sie sich für die Zukunft Kärn­tens? 

RC: Weni­ger Unwet­ter. Für uns alle, aber vor allem für unse­ren Wein­berg.  

MFZ: Lie­be Frau Can­dus­si, vie­len Dank für das inspi­rie­ren­de Gespräch und alles Gute für die heu­ri­ge Wein­sai­son! 

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